Geschichte der Dörfer Ehra und Lessien

Ehra wurde ver­­mutlich im 12. Jahr­hun­dert als Rundling gegründet. In einer Ur­­kunde vom 18. De­­­zem­ber 1309 ist überliefert: „Das Dorf zu Ehra mit allem Rechte wie es von alters gelegen hat“. Das sagt aus, dass Ehra älter ist, aber über die Orts­grün­dung liegen uns keine Überlieferungen vor. So kann Ehra im Jahr 2009 sein 700-jähriges Jubiläum feiern.

Lessien wird in einem Grenzprotokoll aus dem Jahr 1570 erstmalig er­­wähnt. Aus beiden Gemarkungen liegen frühgeschichtliche Funde vor. In Ehra wurden Beile, Äxte und Pfeilspitzen aus der Jungsteinzeit und Bronzezeit gefunden, in Lessien Feuersteinwerkzeuge und Keramikscherben aus der Jung­steinzeit. Im Forst Bokling ist eine Gruppe von Hügelgräbern erhalten. Siedlungsplätze aus der Frühgeschichte sind aber nicht bekannt.

Herrschafts-Zugehörigkeit: Durch den Teilungsvertrag von 1309 ging Ehra in den Besitz des Herzogs von Lüneburg über. 1374 wurde es an die von Bartensleben verlehnt. 1473 war Ehra in bran­­­­den­burgischem Besitz und wur­de wieder an die von Bartensleben verlehnt. Nach einem 1692 von dem Kurfür­­sten von Brandenburg und dem Herzog von Braunschweig und Lüneburg-Celle vereinbarten Gebietsaustausch gehörten Ehra und Lessien wieder zum Herzogtum Lü­­ne­burg. Nach dem Aussterben der von Bartensleben erbten die von der Schulenburg-Wolfsburg das Lehen, somit auch Ehra und Lessien.

Erreichbarkeit: Ein Straßennetz, wie wir es heute kennen, gab es früher nicht. Noch um 1780 war der Rundling Ehra nach Wes­ten geschlossen. Die heutige Straße nach Lessien wur­de erst nach der Verkopplung (Neuordnung der Acker- und Weideflächen und Ablösung von der Grundherrschaft) gebaut. Ehra war bis dahin nur von Süden und Osten erreichbar. Nördlich von Ehra führte der „Alte Postweg“ – von Brome kommend – an dem nördlich von Lessien gelegenen Zollhaus vorbei. Als Ehra und Lessien brandenburgischer Besitz waren, wurde hier der Zoll erhoben, denn nördlich und westlich war lüneburgischer Besitz. Im Zollhaus wur­­den auch Verträge geschlos­sen. Der Zöllner unterstand den Landesherren.

Ländliches Leben und Wirtschaft:
Beide Orte lagen inmitten weiter Heideflächen, die heutigen Nadelwälder wurden erst im 19. Jahrhundert auf Anordnung des Königs in Hannover angepflanzt.

  • 1685 hatte Ehra 13 Ackerleute und Halbspänner, neun Coßaten, drei andere Einwohner und drei Hirten. Lessien hatte drei Halbspänner und einen Hirten.
  • Im 18. Jahrhundert waren in Ehra rund 170 Einwohner und 30 Feuerstellen (Wohnhäuser). In Lessien waren 5 Feuerstellen. Beide Orte hatten eine eigene Schule.
  • 1885 werden die Landkreise Isenhagen und Gifhorn gegründet. Ehra und Lessien gehören zum Kreis Isenhagen.
  • 1902 wird eine Telegrafenleitung von Wittingen bis Ehra gebaut und später nach Fallersleben weitergeführt.
  • Seit 1911 besitzt Ehra Feuerspritze und Wasserwagen.
  • 1922 wird in der Molkerei Ehra ein Ge­­ne­rator aufgestellt: Ehra und Lessien bekommen Elektrizität.
  • 1929 werden Ehra und Lessien zu einer Gemeinde zusammengeschlossen, sind die größte Flächengemeinde im Landkreis.
  • 1932 werden die Kreise Isenhagen und Gifhorn zum Kreis Gifhorn zusammengelegt.
  • Im Zweiten Weltkrieg wird ein Haus in Ehra (heutiges Gästehaus Behne) durch eine Bombe zerstört. Am 11. April 1945 marschieren amerikanische Truppen ein und besetzen Häuser.
  • Nach dem Krieg wächst die Zahl der Einwohner durch den Zustrom von Flüchtlingen an. Hauptarbeitgeber der Region wird das VW-Werk. 1971 tritt Ehra-Lessien der Samtgemeinde Brome bei.

Text: Winfried Rolke nach Quellen von u.a. Bödecker, Dr. Johan Dietrich: „Das Land Brome und der obere Vorsfelder Werder“, BS 1986 und eine Schulchronik von Lehrer Harms aus Ehra